Samstag, 13. April 2013

Rezension: Hitlers Herzog: Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha - Die Biographie von Harald Sandner


In dieser Biographie geht es um das Leben des letzten regierenden Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha, Carl Eduard. Der Titel des Buches "Hitlers Herzog" spielt auf die Stellung Carl Eduards im Dritten Reich an.

Nach einem Prolog und der Vorstellung von wichtigen Verwandten beginnt das Buch mit der Lebensbeschreibung Carl Eduards, diese umspannt über 440 Seiten des Buches.

Carl Eduard wurde 1884 in Großbritannien als Herzog Charles Edward von Albany geboren.
Sein Vater Prinz Leopold, Herzog von Albany (er starb vier Monate vor Carl Eduards Geburt) war Königin Victorias jüngster Sohn, seine Mutter Prinzessin Helene von Waldeck und Pyrmont stammte aus einem der kleinen deutschen Fürstenhäusern. Er hatte noch eine ältere Schwester Prinzessin Alice, Gräfin von Athlone.

Carl Eduard hätte das ruhige Leben eines in der britischen Thronfolge weit hinten stehenden Prinzen führen können, wenn nicht im Deutschen Reich, genauer gesagt im Doppelherzogtum Coburg und Gotha 1899 ein schwerwiegendes Ereignis vorgefallen wäre. Der einzige Sohn des regierenden Herzogs Alfred (zweiter Sohn von Königin Victoria) der Erbprinz Alfred hatte sich selbst getötet. Die Thronfolge in Coburg, der Heimat von Prinzgemahl Albert, lag seiner Witwe Victoria sehr am Herzen, sie selbst bestimmte ihn als Nachfolger.

Carl Eduard, der wenig deutsch sprach, wurde mit 15 Jahren aus seiner vertrauten Umgebung gerissen, der Autor Harald Sandner schreibt das dies bei ihm zu einem Trauma geführt hat.
Kaiser Wilhelm II. hatte sich ebenfalls eingemischt und für Carl Eduard eine sofortige Übersiedlung nach Deutschland gefordert. Hier sollte er zu einem Deutschen Fürsten umerzogen werden.

...becoming a good man, so you bring no shame on Papas name."
Mutter Helene in einem Brief an ihren Sohn Carl Eduard, Seite 23 dieses Buches

Im Jahre 1900 starb Herzog Alfred und Carl Eduard wurde mit 16 nominell Herzog. Die Regierung konnte er erst als Volljähriger (mit 21 Jahren) antreten. Für ihn führte Fürst Ernst II. zu Hohenlohe-Langenburg (Schwiegersohn des verstorbenen Alfred) die Regentschaft.
Die Deutsche Presse ist nicht begeistert einen "Engländer" auf einen Deutschem Thron zu sehen.
Wie der Autor hervorhebt, sind die meisten Vorfahren Carl Eduards Deutsche, von der Mutter als auch von der Vaterseite, trotzdem wird ihm der Stempel als Ausländer bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges anhängen.

Im Jahre 1905 wurde Carl Eduard regierender Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, im selben Jahr heiratete er auch, Prinzessin Victoria Adelheid von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Die Braut hatte ihm Kaiser Wilhelm II. ausgesucht, sie war seine Nichte.

Aus der anfangs glücklichen Ehe gingen fünf Kinder hervor: Erbprinz Johann Leopold, Prinzessin Sibylla (sie heiratet ins Schwedische Königshaus ein und ist die Mutter vom jetzigen König Carl XVI. Gustaf), Prinz Hubertus, Prinzessin Caroline Mathilde (Calma genannt) und Prinz Friedrich Josias (er wird später Chef des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha).

Während seiner Regentschaft förderte Carl Eduard vor allem Autos und die Fliegerei.
Sein Lebenswerk wird aber die Sanierung der Veste Coburg, des Wahrzeichens der Stadt.
Auch übernahm er zahlreiche Schirmherrschaften, eine Liste davon findet sich im Anhang dieses Buches.

Im Erste Weltkrieg steht Carl Eduard seinem Geburtsland gegenüber, er wird nicht aktiv an Kämpfern teilnehmen, aber öfters sein Regiment an der Front besuchen.
Im Jahr 1919 werden ihm seine Britischen Titel und "Königliche Hoheit" aberkannt.

Im November 1918, nach Ende des Weltkrieges, musste Carl Eduard von seinem Thron zurück treten. Die Wege des ehemaligen Herzogtums trennen sich: Coburg wird Bayerisch, die Stadt Gotha Thüringisch.

Im Gegensatz zu den anderen Deutschen Fürsten setzt sich Carl Eduard nach seiner Abdankung nicht zur Ruhe, sondern mischt in der Politik und in der Gesellschaft mit. Er ist auch ohne Regentschaft eine geachtete Persönlichkeit und verfügt noch immer über Einfluss.

Erst unterstützt er Monarchistische Organisationen, später Antidemokratische.
Dem Autor ist es gelungen Nachzuweisen das Carl Eduard schon 1922 Kontakt zu Adolf Hitler hatte, als er in Coburg zu Gast war. Beide werden sich in Zukunft noch öfters treffen.
In 1933 wurde Carl Eduard NSDAP- und förderndes SS-Mitglied. Ende des Jahres wird er zum  Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes ernannt, diesen Posten wird er bis zum Ende der Zweiten Weltkrieges bekleiden, ab 1934 allerdings nur noch als Repräsentant.
In Coburg, wo Carl Eduard auch als Ex-Herzog noch Vorbildcharakter hat, wird die NSDAP ihre höchsten Wahlergebnisse haben.

Nachdem Erbprinz Johann Leopold 1931 Entmündigt worden war, und er auch noch unstandesgemäß heiratete, musste er das Herzogshaus verlassen und sein nächstältester Bruder Hubertus wurde der neue Erbprinz.

Zwischen 1933 und 1944 wird er, unter anderem im Namen des DRK, viele Reisen sowie zwei Weltreisen unternehmen. Die genaue Aufstellung ist im Anhang zu finden.

Im Zweiten Weltkrieg war Carl Eduard weiterhin im DRK-Dienst tätig, aufgrund seiner Loyalität gegenüber Hitler und dem Regime wird der Prinzenerlass für das Haus Sachsen-Coburg und Gotha nicht angewendet. Das wird seinem zweiten Sohn Hubertus das Leben kosten, er fällt 1943.

Nach Ende dieses Weltkrieges, im Juni 1945, wird Carl Eduard festgenommen und interniert. Erst 1946 wird er als alter, kranker Mann entlassen.
Insgesamt gibt es vier Spruchkammerverfahren (Entnazifizierung) gegen ihn, am Ende wird er als Mitläufer eingestuft und mit einer Geldstrafe belegt. Alle Beteiligten hatten zu seinen Gunsten ausgesagt.

Und wieder gibt es Ärger mit einem der Kinder, diesmal Calma.
Sie ist inzwischen Mutter von sechs Kindern aus zwei Ehen (erste geschieden, zweite verwitwet) und macht durch ihren unmoralischen Lebenswandel von sich reden. Sie verklagt und erpresst ihren Vater Carl Eduard und droht damit öffentlich auszupacken, weil der sie angeblich als Kind missbraucht hat.
Interessant ist auch das der Autor aufgedeckt hat, das der ehemalige Erbprinz Johann Leopold wegen Inzest mit Kindern (seiner Tochter) verurteilt wurde.

In den letzten Lebensjahren geht es Carl Eduard gesundheitlich schlecht, er hat Krebs in der linken Gesichtshälfte, daran wird er 1954 mit 69 Jahren sterben.
Damit ging das Leben eines in England geborenen Deutschen Herzogs zu Ende.

Nach der Biographie gibt es auf fast 100 Seiten noch den Anhang.
Er besteht unter anderem aus: Anmerkungen, Aufzählung der Auslandsaufenthalte zwischen 1933-1944, Abdruck des Testament von Carl Eduard sowie nachträgliche Ergänzungen zum Testament, eine Auflistung der Nachkommen von Carl Eduard und Victoria Adelheid, außerdem ein Namensregister und eine Liste mit der verwendeten Literatur.
Insgesamt gibt es im Buch 389 schwarz-weiß Abbildungen, darunter auch Bilder die hinterher retuschiert veröffentlicht wurden, um Carl Eduards Rolle im Dritten Reich zu vertuschen.
 



Meine Meinung:
 
Dieses Buch ist voll gepackt mit Informationen, der Autor Harald Sandner
hat sich wirklich Mühe gegeben das Leben Carl Eduards zu beleuchten. 
Er hat viele Archive aufgesucht und Nachkommen von Carl Eduard befragt.
Außerdem wiederlegt er andere Autoren, die falsches Verbreiten und
voneinander abgeschrieben haben, anstatt selber nachzuforschen.
Vieles davon wird heute noch weiter verbreitet.
Positiv sind natürlich auch die vielen neuen Bilder im Buch,
einige sind sogar aus den persönlichen Photoalben Carl Eduards.
Auch der Anhang mit den vielen Listen und Anmerkungen ist Lobenswert.
Einziger Kritikpunkt ist die fehlenden Neutralität des Autors, er bewertet mir zu viel.
Ich möchte selber lesen und mir eine Meinung bilden.
"Hitlers Herzog" ist trotzdem eines der interessantesten Bücher
die ich in letzter Zeit gelesen habe.
 
 
 

Erhältlich bei: Shaker Verlag oder im Buchhandel




Buch-Information
Verlag: Shaker Media (2011), Deutsch, Gebundene Ausgabe,
ISBN 978-3-86858-598-8, 560 Seiten, Format: 20 x 27 cm
43,90 EUR

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