Mittwoch, 20. August 2014

Rezension: Claudia de' Medici: Eine italienische Prinzessin als Landesfürstin von Tirol (1604-1648) von Sabine Weiss


Meine heutige Rezension geht weit in der Geschichte zurück, es ist die Lebensgeschichte von Claudia de' Medici, Prinzessin von Toskana. Die Autorin Sabine Weiss hat schon andere Bücher über die Habsburger geschrieben und dieses Buch ist ein echtes Juwel.

Die Biographie beginnt mit einer Einführung über das Haus Medici, ursprünglich eine Bankiersfamilie aus Florenz, und dessen Verhältnis zum Hause Habsburg. Das Claudia in das hoch angesehene Erzhaus einheiraten konnte, hatte sie zwei Medici-Frauen zu verdanken - Katharina und Maria - die als Königinnen von Frankreich den Aufstieg der Medici in die höchsten Kreise möglich machten.

Das zweite Kapitel dreht sich um Claudias zweiten Ehemann Erzherzog Leopold V. von Österreich, Landesfürst von Tirol. Hier wird erklärt, wie Leopold an die Herrschaft in Tirol kam und wie die Beziehungen der verschiedenen habsburgischen Linien zueinander waren.

Im nächsten Abschnitt wird Claudias Familie vorgestellt, darunter war vor allem die Schwägerin Maria Magdalena von Österreich eine wichtige Person, und spätere Weichenstellerin für Claudias zweite Ehe. Doch zuerst wird auf Claudias Kindheit und Jugend eingegangen. Die frühe, erste Ehe Claudias mit Federico della Rovere, Herzog von Urbino, aus der eine Tochter hervorging, war unglücklich. Der Tod ihres ungeliebten Gatten machte Claudia mit 19 Jahren zur Witwe. Sie muss sich in ein Kloster zurückziehen und warten. Während dieser Zeit arbeitete die österreichische Schwägerin an einer Verbindung zwischen ihrem Bruder Leopold und Claudia, die allerdings ein paar Jahre auf sich warten lies.

Schließlich wird Claudia als Ehefrau von Leopold Erzherzogin von Österreich und Fürstin von Tirol. Das Paar bekommt drei Töchter (von denen eine früh stirbt) und zwei Söhne. Claudia brachte in ihrem Hofstaat viele Italiener mit an den erzherzoglichen Hof zu Innsbruck, auch Bedienstete ihres Gemahls stammten aus der alten Heimat der Fürstin. Der Hof war hoch verschuldet, auch Claudias Mitgift konnte an den klammen Kassen nichts ändern. Trotzdem versuchte sie Künstler, vor allem Maler, nach Tirol zu holen. Der Innsbrucker Hof war bekannt für seine Theater-Aufführungen, bei denen auch Mitglieder der Fürstenfamilie und des Hofstaates mit auftraten. Der Höhepunkt des künstlerischen Schaffens war das Rossballett.

Nach sechs Jahren glücklicher Ehe wird Claudia wieder zur Witwe. Im Testament ihres Gatten wurde sie als Regentin Tirols für ihren noch minderjährigen Sohn Ferdinand Karl eingesetzt.


Als Regentin sollte Claudia de' Medici das Land nicht nur gegen feindliche Angriffe von außen schützen, sondern auch im Innern für Recht und Ordnung sorgen, sich um Wirtschaft und Finanzen kümmern, die oberste Gerichtsbarkeit ausüben und sogar das moralische Wohlverhalten ihrer Untertanen beaufsichtigen. Claudia de' Medici, Seite 148  


Claudias Regentschaft umfasste Handel und Strafrecht. Ihr unterlag die Bestrafung und Begnadigung von Tätern, bei Kindsmord und ähnlichen Verbrechen kannte sie kein Mitleid und bestätigte auch Todesurteile, die in der heutigen Zeit grausam anmuten. Ein weiteres wichtiges Thema war die Landesverteidigung, es war die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, und man musste in Tirol ständig mit dem Einfall gegnerischer Mächte rechnen und dementsprechend die Festungen ausbessern. Trotz der Kriegsgefahr reiste Claudia auch, sie war zu Gast am polnischen Königshof. Auch der Neubau ihrer Sommerresidenz, die bei einem Feuer abbrannte, beschäftigte die Regentin. Claudia sagte, als fromme Landesmutter, auch der Unzucht und Prostitution den Kampf an. Leute die sich unmoralisch benahmen, konnten sogar im Zuchthaus landen - oder sich mit Geld frei kaufen - der Hof war immer in Geldschwierigkeiten und solche Einnahmen lebensnotwendig.

Im "Heiligen Land Tirol" gab es nur eine Religion - die Katholische. Protestanten, Juden und Andersgläubige wurden verfolgt oder ausgewiesen - es sei denn sie waren Vermögend. Glaubensfreiheit gab es zu Claudias Zeit nicht. Nicht nur Andersgläubige hatten keinen Platz in Tirol, auch Zigeuner, Landstreicher und Bettler wurden vertrieben oder weggesperrt. Ein schlimmeres Schicksal erwartete Frauen und Männer, sie als Hexen oder Hexer angezeigt wurden. Es gab viele Hexenprozesse in Tirol. Wer nicht gestand wurde gefoltert, in den meisten Fällen folgten dann die Verurteilung und Hinrichtung. Nur wenige wurden freigesprochen. Claudia war ein Kind ihrer Zeit und glaubte an Zauberei, weshalb sie die Urteile kaum milderte.

Die letzten Lebensjahre - Claudia war Anfang 40 - wurden von Glück und Trauer begleitet. Sie übergab den Regentschaft an ihren mündigen Sohn, der darauf ihre Nichte Anna de' Medici heiratete, und erlebte das ihrer Tochter Maria Leopoldine römisch-deutsche Kaiserin wurde. Claudia konnte nicht verhindern, dass Teile ihres Landes, durch den Westfälischen Friedens an Frankreich verloren gingen. Trotzdem brachte sie Tirol, so gut es ging, durch schwere Zeiten. 

Der letzte Kapitel fragt "Was blieb von Claudia?". Eine Spurensuche durch Florenz und Tirol. Viel hat sich durch die Jahrhunderte nicht mehr erhalten, aber Teile der Festungen Fort Claudia und Porta Claudia gibt es heute noch zu sehen. Claudia starb mit 44 Jahren, da ihre Söhne ohne männliche Nachkommen blieben, starb die Tiroler Linie der Habsburger 1665 aus.



Meine Meinung:

So muss eine Biographie sein!
Reich bebildert, viele Informationen, Top!
Claudias Leben und das Panorama ihrer Zeit wurden großartig beschrieben.
Interessant waren auch die Zitate in der damaligen Schriftsprache,
die für unsere Zeit seltsam zu lesen sind.
Die Autorin hatte bestimmt eine Riesenarbeit mit diesem Werk, aber das war es wert.
Vor allem die vielen Abbildungen, wie Dokumente, Gemälde und Stiche
sind wirklich sehens- und bewundernswert.
Ein ganz kleines Manko: Es gibt keinen Stammbaum,
was bei den ganzen Verwandten zur Übersicht nötig gewesen wäre.
Trotzdem: Das beste Buch, das ich seit langer Zeit gelesen habe.



Erhältlich bei: Tyrolia Verlag oder im Buchhandel



Buch-Information
Verlag: Tyrolia (2004), Gebundene Ausgabe, 304 Seiten
ISBN: 978-3702226152, Sprache: Deutsch, Format: 27 x 24, x 3,3 cm
Preis: 39.90 €

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen