Samstag, 12. September 2015

Rezension: Anna Prinzessin von Sachsen 1544–1577 - Eine Lebenstragödie von Hans-Joachim Böttcher


Es ist mal wieder Zeit für eine Buchbesprechung, heute geht es um Anna Prinzessin von Sachsen. Die Biographie hat 316 Seiten mit zwei Abbildungen. Das Geleitwort steuerte Elmira Prinzessin von Sachsen bei, die Witwe des 2012 verstorbenen Prinzen Albert. Der Autor Hans-Joachim Böttcher hat bereits ein Buch über Christiane Eberhardine von Sachsen geschrieben.

Das Buch beginnt mit den Ahnen Prinzessin Annas: Ernestiner, Albertiner, und wie ihr Vater zum Kurfürsten wurde. Auch Moritz von Sachsen und Agnes von Hessen - die Eltern Annas - werden vorgestellt und auch ihr einziger Bruder Albrecht, der noch als Kleinkind starb. Anna wuchs am Dresdner Hof auf, der damals als einer der angesehensten Deutschlands galt. Das Verhältnis Annas zu ihren Eltern war gut, um so härter traf sie der frühe Tod ihres Vaters. Als Mädchen konnte Anna nicht Kurfürstin werden und so rückte August, der jüngere Bruder ihres Vaters Moritz, nach. Die Mutter Agnes heiratete knapp zwei Jahre später Herzog Johann Friedrich II. von Sachsen, der in Weimar residierte. Anna begleitete ihre Mutter dorthin. Sechs Monate nach der Hochzeit starb auch Agnes und lies Anna als Waise zurück.

Da Annas Stiefvater nicht für ihren Unterhalt aufkommen wollte, wurde sie zurück nach Dresden gebracht, wo ihr Onkel Kurfürst August und seine Gattin Anna von Dänemark lebten. Beide waren kühle Menschen, die Anna weder Liebe noch Nestwärme geben konnten oder wollten. Jedenfalls wurden die Jahre unter Onkel und Tante eine unglückliche Zeit. Um dem zu entkommen, hoffte Anna auf eine baldige Heirat. Obwohl sie nicht schön war und sogar hinkte, gar es für Annas Hand zahlreiche Bewerber, die aber alle mehr an ihrem Vermögen interessiert waren. Anna hatte eine riesiges Mitgift und zählte zu den besten Partien im Heiligen Römischen Reich.

Das lockte auch Wilhelm von Oranien an. Wilhelm stammte aus dem Haus Nassau-Dillenburg, war hoch verschuldet und suchte nun eine vermögende Frau. Er war bereits verwitwet, aus der Ehe mit Anna von Egmond stammten zwei überlebende Kinder. Wilhelm werben um Anna wurde von ihrem Onkel August gern gesehen, wollte er doch seine schwierige Nichte los werden. Vom Großvater mütterlicherseits Landgraf Philipp I. von Hessen gab es dagegen Einwände: die katholische Religion Wilhelms und seine Herkunft aus einer gräflichen Familie, die nicht standesgemäß war, sprachen gegen eine Verbindung mit den Nassauern. Trotz der großväterlichen Warnung trieb Kurfürst August die Hochzeitsverhandlungen seiner Nichte voran.

Wilhelm von Oranien war ein Meister der Täuschung und trickste bei den Verhandlungen. Er war zwar als Lutheraner geboren, später unter Kaiser Karl V. zum Katholizismus konvertiert hatte aber mit Religion eigentlich nichts zu tun, wie sich später zeigen sollte. Er stand Anna ihren lutherischen Glauben zu, aber in den habsburgischen Niederlanden wurde alles was nicht katholisch war schlecht angesehen. Nachdem alles unter Dach und Fach war - der hessische Großvater wurde übergangen - fand dann doch noch die Hochzeit von Anna und Wilhelm statt. Die Fest wurde in Leipzig groß gefeiert, Kurfürst August richtete die Zeremonie aus. Anna verliebte sich in ihren Bräutigam und alles schien sich zu fügen. Das Paar machte sich auf in die Niederlande, wo es leben sollte.

Nach kurzer Zeit begannen schon erste Probleme in der Ehe. Anna hatte Schwierigkeiten sich einzuleben und verstand sich auch nicht gut mit Wilhelms Familie. Vor allem mit ihrem Schwager Graf Ludwig waren Streitigkeiten an der Tagesordnung. Von den Zwistigkeiten bekamen schon bald die Verwandten in Sachsen und Hessen mit, und schickten briefliche Ermahnungen an Anna. Ihr herrisches Wesen besserte sich aber nur für kurze Zeit. Wilhelm von Oranien beteiligte sich an der Aufruhr gegen die katholischen Habsburger in den Niederlanden. Sein Verhalten führt schließlich dazu, dass Anna, er und die gemeinsame Tochter Anna das Land verlassen müssen und ins nassauische Exil gingen.

Auch in Dillenburg wurde Anna nicht froh, sie fand kein Auskommen mit Wilhelms Familie. Auch die Geburt eines Sohnes, nach ihrem Vater Moritz benannt, bessert sie Situation nicht. Anna hielt es nicht mehr aus und zieht nach Köln. Hier ist Anna allein und wieder schwanger. Wilhelm führt inzwischen Krieg gegen den Herzog von Alba und König Philipp II. von Spanien, die die Niederlande im katholischen Machtbereich halten wollen. Anna braucht Geld um in Köln über die Runden zu kommen und ihr Personal zu entlohnen, doch weder von ihrem Gatten noch von den Nassauern ist etwas zu erwarten, da alles Vermögen in den Krieg fließt. Schließlich verlangt Anna ihr Wittum, was ihr aber nicht zugestanden wird. Nachdem Wilhelm einige Schlachten verloren hat, begibt er sich zu Anna Onkel Kurfürst August nach Dresden, um Hilfe für die Anti-katholische Sache zu holen. Doch der Kurfürst hat kein Interesse daran, die hart erkämpfte Akzeptanz der Lutheraner im Reich für die Niederlande aufs Spiel zu setzten. Wilhelm muss sich woanders nach Unterstützung umsehen. Offiziell ist er immer noch Katholik.

Zwischenzeitlich hat Anna in Köln eine weitere Tochter namens Emilie zur Welt gebracht. Nach Dillenburg will sie trotz massiver Geldprobleme nicht zurück. Sie kann sich keine weiteres zusammenleben mit der Familie ihres Mannes vorstellen. Die durch Krieg, räumliche Trennung und Familiäre Probleme belastete Beziehung von Anna und Wilhelm wird für einen kurzen Zeitraum besser, sogar eine Versöhnung mit den Nassauern findet statt. Lange hält es aber nicht an, Anna ist finanziell in Schwierigkeiten und Wilhelm gibt alles für seine Feldzüge aus. Um ihren Unterhalt einzuklagen stellt sie Dr. Jan Rubens ein. Er gewinnt schnell Annas Vertrauen. Wilhelm von Oranien macht sich das zu nutze, da er keine Hilfe von Annas Verwandten bekommt sucht er bei den Anhängern Calvins nach Verbündeten und will seinen lutherische Ehefrau loswerden. Anna ist wieder schwanger und Wilhelm unterstellt ihr Ehebruch mit Rubens. Er lässt ihn verhaften und foltern. Rubens gesteht alles und Anna versucht sein Leben zu retten indem sie ebenfalls gesteht.

Diese Schande so ihr mir nun anthuet, schandt sie nicht mehr euer ansicht, dan als ob ihr Nase und Ohren verloren hadt. Wißt ihr nicht, daß man in gemeinen sprichwordt sagt, das es ein böser Vogel ist, der sein selbst nest bescheist. Aus einem Brief Annas an Wilhelm, Seite 199

Anna wird in Siegen eingesperrt, sie schreibt Hilferufe an die sächsischen und hessischen Verwandten, aber niemand hilft ihr. In Gefangenschaft kommt Annas Tochter Christine zur Welt. Sie wurde von Wilhelm nicht anerkannt und deshalb Christine von Dietz genannt. Ob er oder Jan Rubens der Vater von Christine waren, ist nicht geklärt, sie soll laut Familienmitgliedern starke Ähnlichkeit zu Wilhelm von Oranien gehabt haben... Bei Anna machen sich in der Zeit in Siegen körperliche und seelische Störungen bemerkbar, sie wird auch aggressiv gegen ihre wenigen Bediensteten. Sie spricht dem Alkohol zu, auf den sie als Prinzessin und Herzogin Anspruch hat. Anna schreibt viele Briefe an ihre Verwandten in Sachsen und Hessen, doch geantwortet wird ihr kaum und geholfen schon gar nicht.

Anna muss umziehen und wird in die Nassauer Burg in den Arrest gebracht. Hier sind die Fenster vergittert und zugemauert. Mit Annas Gesundheit geht es weiter bergab, sie will Suizid begehen, kann aber daran gehindert werden. Annas Ehe ist wahrendessen von calvinistischen Geistlichen geschieden worden, zu dem Glauben sich ihr Ex-Ehemann nun bekannte. Wilhelm von Oranien heiratet nur einen Tag später die ebenfalls calvinistische Charlotte von Bourbon. Annas Onkel August beschließt daraufhin, sie zurück nach Sachsen zu holen, aber auch hier wird sie weiter eingesperrt. Anna verbringt ihre letztes Lebensjahr in Dresden hinter Mauern und Eisengittern. Gezeichnet von Krankheiten und Alkoholmissbrauch stirbt Anna fünf Tage vor ihrem 33. Geburtstag.



Meine Meinung:
 
Ich fand das Buch sehr berührend.
Anna tut mir, trotz ihrer schlechten Eigenschaften, leid.
Der Titel "Eine Lebenstragödie" ist wirklich passend.
Auch das Anna mit ihren eigenen Briefen zu Wort kommt ist positiv.
Man erfährt viel über Annas Familie und über ihre Zeit.
Ausführlich wird auch die Hochzeit und Ehe mit Wilhelm von Oranien beschrieben.
Mir gefällt auch, dass das Buch nicht mit dem Tod Annas endet,
sondern noch das weitere Schicksal ihrer Kinder und Verwandten beschreibt.
Es gibt leider nur zwei schwarz-weiße Bilder, auf einen Stammbaum wurde ganz verzichtet.
Insgesamt eine empfehlenswerte Lektüre.
 


Erhältlich bei: Dresdner Buchverlag oder im Buchhandel



Buch-Information
Verlag: Dresdner Buchverlag (2013), Gebunden, 316 Seiten
ISBN:  978-3941757394, Sprache: Deutsch, Format: 21 x 14,8 x 2,8 cm
Preis: 24,90 €

1 Kommentar:

  1. Danke für die Arbeit, habe es mit Interesse gelesen. Die Rechtschreibung, speziell die notorisch falsche Geschlechtszuordnung sind allerdings verwunderlich, eigentlich nur bei fremdsprachlichen Sprechern anzutreffen, nicht bei jemand, der Wörter wie Wittum beherrscht, und sich so gut ausdrücken kann! (Es heißt das Fest, die Ehefrau, der Aufruhr usw.) Vielleicht findet sich jemand als Lektor?

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